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Runners High

Schon beim ersten Schritt höre ich diese Stimme.

Wieso tust du dir das an? Wieso gehst du wieder auf so eine Reise? War das letzte Mal nicht genug? Hast du nichts aus den Schmerzen gelernt?

Ich hatte mir nach dem letzten Mal geschworen, es nie wieder zu tun. Ich konnte mich kaum bewegen. Meine Beine wollten weder einen Schritt weiter gehen, noch mein Gewicht einen weiteren Schritt tragen. Ich hatte nicht gemerkt, wann es vorbei war. Irgendwann lag ich einfach im Ziel, das so ganz anders aussah, als ich es mir vorgestellt hatte.

Keine Jubelrufe, keine Scheinwerfer auf mir. Keine Feier, kein Glücksgefühl und keine Siegerehrung. Aber ich war auch kein Sieger in diesem Rennen. Ich lag erschöpft im Dreck und bekam keine Luft. Keiner hat mein Leid gesehen, keinen haben meine Mühen interessiert. Ich war auf der anderen Seite gelandet, auf der man eben auch enden kann, wenn man solch eine Reise antritt. Man glaubt, es passiert nicht. Dieses Mal läuft alles anders und besser. Das hier ist das Richtige. Ich dachte, ich habe das perfekte Tempo gefunden. In den richtigen Momenten angezogen und auch in mich reingehört, um langsamer zu machen, um mich nicht wieder kaputt zu machen. Doch am Ende fühlt es sich erstaunlich gleich an, wie all die letzten Male.

Mit Seitenstechen, Schmerzen und Atemnot habe ich mich die letzten Kilometer entlang geschleppt, versucht jemanden einzuholen, der das Ziel längst erreicht hat und habe nicht kapiert, dass das Rennen damit eigentlich schon gelaufen war. Ich bin so gerannt, dass ich mich für alle am Wegrand zum Idioten gemacht habe.

Also, wieso tue ich mir das wieder an?

 

Weil nur wer mitmacht, das Runners High erleben kann. Das Gefühl zu fliegen, wenigstens für eine kurze Weile, ist mir jede Bruchlandung wert.

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