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Schwimmen

Die Wasseroberfläche liegt glatt und ruhig da. Die ersten morgendlichen Sonnenstrahlen spiegeln sich darauf, tauchen die eine Hälfte in Licht und die andere in Schatten. Es ist ruhig. Und ich höre, was ich so selten höre: Der Wind raschelt leise in den Blättern der Baumkronen, das Wasser rauscht sachte, die ersten Vögel zwitschern dem Tag entgegen. Ich höre die Natur. Ich höre Ruhe. Kein Moter wird brummend hochgejagt, kein Motorrad rattert in den Ohren schmerzend vorbei. Keine Musik, keine Stimmen, kein Gläserklirren. Der Soundtrack des Sommers spielt hier nicht. Ich bin überrascht, wie kühl die Luft noch ist, wie kalt das Wasser. Beim Ausatmen gleite ich hinein, tauche unter - und die Gedanken verschwinden. Im ersten Moment ist da nur die Stille, dann folgt der Rhythmus der Schwimmzüge und der Atmung. Da ist das Gefühl des Wassers auf meiner Haut, die Blautöne, die ich sehe, das Sonnenlicht auf meinen Armen, in meinem Gesicht, auf dem Wasser. Ich fühle mich lebendig, gebannt vom Lichtspiel vor meinen Augen und der Leichtigkeit meines Körpers im Wasser. Nur du schafft es zu mir in diesen Momenten. Das hier ist das Leben.

 

Nur wo bist du? Schläfst du noch nach einer langen Nacht? Dröhnt dir der Lärm der Tanzfläche noch im Schädel und schmeckt du den Alkohol noch auf deiner Zunge? Oder liegt dir das gehaltvolle Essen im Magen, genossen unter freiem Himmel in einer kleinen Gasse bei lauer Sommerluft? Du hast deine Methoden, um dich zu betäuben und ich habe meine. Vielleicht müssen noch einige Sommer vergehen, um unseren Sommer vergessen zu machen. Aber ich möchte die Zeit weder zurückdrehen noch vordrehen. Ich sehne mich nach Ruhe und Einfachheit, nach Entspannung und Loslassen. Ich möchte mich nicht mehr betäuben. Ich möchte jeden Schwimmzug auskosten.

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